Welches sind die wichtigsten Krankheitszeichen?

Das Leidensbild der posttraumatischen Belastungsstörung ist nicht nur zermürbend, sondern auch verwirrend vielfältig. Vor allem sieht man es den meisten gar nicht an, sie leiden "nur" innerlich. Viele lassen überhaupt nichts raus, da sie ohnehin nicht erwarten, auf Verständnis zu treffen, besonders langfristig. Es ist wie bei der Trauerreaktion. Ein kurz aufwallendes Mitgefühl der Umgebung, dann aber soll sich der Betroffene wieder rasch zusammennehmen, damit er die anderen nicht unnötig belastet.

Im Allgemeinen kommt es - nachdem die erste Schreck- oder Schockreaktion abgeklungen ist - zu einem Verlust an Lebensfreude, an Interesse, Aktivität, Initiative und Kreativität. Alles scheint wie weggeschmolzen. Dann "beißt" sich regelrecht ein ständiges, fast zwanghaftes Wiedererinnern mit ängstlicher Unruhe, Anspannung und Erregungsbereitschaft fest. Außerdem zermürben Schlafstörungen; und wenn Schlaf sein darf, dann Angstträume.

Manchmal entsteht auch das Gefühl, als ob sich das belastende Ereignis gerade wiederholt, bisweilen nur aufgrund eines belanglosen Auslösers aus der Umgebung oder durch reine Vorstellung. Daraus resultiert dann ein entsprechendes Vermeidungsverhalten mit Rückzug und Isolationsgefahr.

Schließlich droht eine zunehmende Leistungseinschränkung, d.h. man kann seine Aufgaben nur noch mit größter Anstrengung bewältigen.

Das Ende ist von einer eigenartigen Schwermütigkeit geprägt, die allerdings wenig mit einer "klassischen Depression" zu tun hat. Es handelt sich mehr um eine "heimlich anfressende Resignation", eine Art gemütsmäßige Betäubung bis Erstarrung, die der Umgebung eigentlich nur durch schwindende Anteilnahme an der Umwelt auffällt. Dazu drohen Zwangsgedanken, Merk- und Konzentrationsstörungen, ja Vergesslichkeit und zahlreiche psychosomatisch interpretierbare Beschwerden ohne organische Ursache: funktionelle Störungen, Missempfindungen oder gar Schmerzen im Bereich von Kopf, Herz, Kreislauf, Magen-Darm, Wirbelsäule, Gelenken u.a.

Was die Umgebung vor allem mitbekommt ist eine bisher unbekannte Übererregbarkeit im Sinne übersteigerter Wachsamkeit, Anspannung, Nervosität und Schreckhaftigkeit. Und plötzliche Angstattacken, ggf. vielleicht sogar aggressive Durchbrüche - ohne Grund, jedenfalls nicht nach außen nachvollziehbar.

Das leitet einen Teufelskreis ein. Denn wer lässt sich so etwas gefallen, wenn er nicht weiß, auf was es zurückgeht. Und selbst diejenigen, die die Ursache kennen oder ahnen, sehen nicht ein, hier als "stellvertretende Prügelknaben" den Kopf für etwas hinzuhalten, was sie nicht verschuldet haben. Auf jeden Fall weiß niemand mit dieser Situation adäquat umzugehen, auch der Betroffene nicht, der sich selber immer fremder wird.

Was belastet am meisten?

Vom Verlauf her unterscheidet man die kurz- bis mittelfristige posttraumatische Belastungsreaktion und die längerfristige Belastungsstörung, die ein halbes oder ganzes Leben ruinieren kann. Zu den Einflussfaktoren, die die Dauer des Leidens mitbestimmen, gehört auch die Frage: Ist es eine Natur- oder technische Katastrophe, mit der man offenbar besser fertig wird? Oder ist der Auslöser "man made", wie der Fachausdruck heißt, also von Mensch zu Mensch? Letzteres führt besonders nachhaltig zum Verlust des Vertrauens in den Mitmenschen schlechthin - und hat ernste langfristige Folgen.

Was kann man tun?

Die Betreuung oder gar Behandlung einer posttraumatischen Belastungsreaktion bzw. -störung ist eine schwere Bürde, viel schwieriger, als sich die meisten vorstellen, selbst wenn sie (anfangs) guten Willens sind. Vor allem braucht es Geduld und Verständnis, und zwar über längere Zeit. Die Entscheidung trifft der Betroffene, und nicht einmal er selber, sondern sein Zustand, dem er ja hilflos ausgeliefert ist.

Zu den scheinbar banalen, aber sinnvollen Selbst-Behandlungsempfehlungen gehört besonders die Bewegung in jeder Form, also nicht nur "gehen-gehen-gehen", sondern auch "reden-reden-reden". Das kann den gefürchteten inneren Stau (psychomotorische Blockierung) abbauen helfen.

Körperliche Bewegung ist jederzeit machbar, wenngleich viel zu wenig praktiziert. Das Reden hingegen wird einem manchmal schwer gemacht. Denn wenn es sich um das immer gleiche Problem dreht und von immer gleichen Symptomen angeheizt wird, hört am Schluss niemand mehr hin.

In einem solchen Falle rede man halblaut mit sich selber, das ist immer noch besser, als alles in sich hineinzufressen. Mit diesen beiden Maßnahmen kommt die Mehrzahl der Betroffenen halbwegs hin.

In schwereren Fällen bedarf es aber einer stützenden psychotherapeutischen Behandlung, zu der notfalls auch Medikamente kommen dürfen, vor allem gegen Schlafstörungen, innere Unruhe, Schreckreaktionen und Depressionen. Aber auch hier muss der Therapeut oft stellvertretend aushalten, was das Opfer in seiner Verzweiflung als "beispiellose Ungerechtigkeit" beklagt: Warum gerade ich? Das ist nicht einfach, das braucht Erfahrung und Nerven.