Anzeichen werden oft verkannt
Jeder 100. Mensch leidet an Schizophrenie, der schwersten aller psychischen Erkrankungen. Bei Schizophrenen werden wichtige Grundfunktionen beeinträchtigt, die dem "normalen" Menschen ein Gefühl von Individualität, Einzigartigkeit und Entscheidungsfreiheit geben. Für den Arzt ist es oft schwierig, eine Schizophrenie von anderen psychischen z.B. depressiven Störungen abzugrenzen. Denn: Eine Persönlichkeitsspaltung ist entgegen der landläufigen Meinung nicht gleichbedeutend mit Schizophrenie
Unklar ist für die Wissenschaft, welche Faktoren zusammenwirken, damit eine Schizophrenie entsteht. Genetische Ursachen spielen offenbar eine Rolle. Untersucht wird auch, ob Schizophrenie eine Entwicklungsstörung ist. Die Krankheitsverläufe sind individuell höchst verschieden; auch ein Gigant der Kulturgeschichte wie Vincent van Gogh litt unter einer Psychose. Wie er versuchen viele Betroffene, ihr Leid künstlerisch zu verarbeiten. Unterdessen geht man davon aus, dass schizophrene Erkrankungen durch einen Überschuss der Überträgersubstanz Dopamin im zentralen Nervensystem bedingt sind.
Claudia hörte Stimmen, litt unter Verfolgungswahn
Streß, Termindruck, Angst - Claudia Knopf schrieb gerade an ihrer Diplomarbeit, als die Krankheit zum Ausbruch kam. Sie hörte Stimmen, konnte nicht mehr schlafen, hatte mit einem Mal das Gefühl, dass sie verfolgt wird. Zwei Jahre verbrachte Claudia Knopf in der psychiatrischen Abteilung eines Hamburger Krankenhauses, davon eines in der geschlossenen Abteilung. Heute hat sie gelernt, mit dieser Beeinträchtigung zu leben, ihren Alltag zu strukturieren.
Claudia arbeitet 30 Stunden in der Woche in einer Selbsthilfefirma. Und sie hat ihre Medikamente, die sie braucht, um ihre Ängste unter Kontrolle zu behalten, auf ein Minimum reduziert. In den Augen ihrer Schwester Michaela ist das allerdings nur ein Teilerfolg. Sie versucht, Claudia zu einer alternativen Therapie zu bewegen, hofft, dass ihre Schwester vielleicht sogar geheilt werden kann. Doch Claudia glaubt nicht an eine vollständige Heilung, an eine Rückkehr zu dem Leben, dass sie vor der Erkrankung geführt hat. Für sie ist es wichtig, Struktur in ihr Leben zu bekommen. Sie will ihre Behinderung akzeptieren, "in den Arm nehmen“, wie sie selbst sagt
Symptome von Schizophrenie
Verrückte Gedanken, Halluzinationen, Verfolgungswahn: Die Schizophrenie gehört zu den schwersten psychiatrischen Erkrankungen. Rund ein Prozent der Bevölkerung erkrankt im Laufe des Lebens an Schizophrenie, meist zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr. Männer und Frauen sind gleichermaßen davon betroffen, wobei Frauen in der Regel später erkranken als Männer.
Bei Schizophrenie ist das Denken, Handeln, Fühlen und Erleben gestört. Dabei werden wichtige Grundfunktionen beeinträchtigt, die dem normalen Menschen ein Gefühl von Individualität, Einzigartigkeit und Entscheidungsfreiheit geben. Viele Betroffene können zwischen der Wirklichkeit und den eigenen Wahnvorstellungen nicht mehr unterscheiden.
Veränderte Gehirnregionen
Bei der Schizophrenie handelt es sich um eine biologische Erkrankung des Gehirns. Zumindest bei einem Teil der Patienten sind bestimmte Gehirnregionen verändert. Experten gehen davon aus, dass dies wiederum zu einem Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn führt. Davon betroffen ist vor allem das Dopamin.
Das Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken, liegt in den Genen. Ob die genetische Veranlagung aber tatsächlich zu einer Erkrankung führt, hängt von zahlreichen weiteren Faktoren ab wie beispielsweise Stress und Überforderung. Auch Alkohol- und Drogenmissbrauch gelten als Auslöser. Wie häufig, in welcher Form und wie schwerwiegend die Krankheit auftritt, ist völlig unterschiedlich.
Eindeutige Symptome
Am Anfang der Schizophrenie stehen häufig Depressionen, Angstgefühle, Kontaktstörungen und sozialer Rückzug. Hauptsymptome der Schizophrenie sind:
Konzentrations- und Denkstörungen
Diese können die Kommunikation mit den Kranken einschränken, da sie die Nachvollziehbarkeit ihrer Äußerungen erschweren.
Realitätsverlust, der mit Wahnideen einhergeht. Der Erkrankte ist von etwas überzeugt, wofür es keine konkreten Beweise gibt, zum Beispiel glaubt er, verfolgt zu werden oder übernatürliche Kräfte zu haben oder zum Beispiel Kontakt mit Außerirdischen aufnehmen zu können.
Halluzinationen
Eingebildete Sinneswahrnehmungen, bei denen es sich meist um akustische Phänomene handelt, so dass der Patient zum Beispiel Stimmen hört. Es treten aber auch andere Formen wie Geruchs-, Geschmacks- oder optische Wahrnehmungen auf. Zu diesen Wahrnehmungsstörungen kommt oft ein
Gefühl der Derealisation
Die Erkrankten nehmen ihre Umwelt dann als nicht mehr vertraut sondern unwirklich und verändert wahr. Völlig unbedeutende Details werden plötzlich wichtig, während der Gesamtzusammenhang in den Hintergrund tritt.
Identitätsverlust
Der Betroffene hat das Gefühl, nicht mehr er selbst zu sein und entfremdet sich immer weiter von seiner eigenen Person. Häufig glaubt er, nicht mehr selbst-, sondern fremdgesteuert zu sein. Gleichzeitig denken die Betroffenen oft, dass ihre innersten Gedanken, Gefühle und Handlungen für andere sichtbar sind und erleben sich als Schlüsselfigur allen Geschehens.
Schizophrenie behandeln
Schweregrad ist entscheidend
Seit einigen Jahren gibt es eine neue Generation von Medikamenten, die "atypischen Neuroleptika". Sie haben deutlich weniger Nebenwirkungen und werden von den Patienten besser vertragen.
Werden die "atypischen Neuroleptika" regelmäßig eingenommen, ist die Prognose günstig: Die Zahl der Wiedererkrankungen sinkt auf 30 Prozent. Allerdings ist die Anzahl der Therapieabbrüche wegen mangelnder Krankheitseinsicht relativ hoch
Intensiv betreuen
Die Behandlung eines an Schizophrenie Erkrankten umfasst nicht nur die Behandlung der Symptome des Betroffenen. Sie besteht auch in der intensiven Betreuung des Kranken und seines sozialen Umfeldes.
Die Therapie selbst richtet sich nach der Schwere der Krankheit und den besonderen Merkmalen des Patienten, zum Beispiel seiner familiären Situation und dem Grad der Selbst- und Fremdgefährdung. Sie bezieht außerdem eventuelle Begleitsymptome der Schizophrenie wie Drogenmissbrauch, Depressionen oder Selbstmordgefährdung mit ein.
Familienangehörige einbeziehen
Sozio- und Psychotherapie helfen, schlimme Erlebnisse besser zu verarbeiten. Sie steigern das Selbstwertgefühl, zeigen Bewältigungsansätze auf, stärken die eigene Initiative und trainieren die Konzentrationsfähigkeit. Ziel ist es, die Betroffenen wieder in das normale Leben zu integrieren. Die Behandlung ermöglicht, einen Beruf ausüben zu können und verhindert die soziale Isolation.
Bei der Psychoedukation werden Patienten und ihre Angehörigen über die Krankheit und ihre Behandlung informiert. Das Verständnis der Erkrankung und der selbstverantwortliche Umgang damit sollen so gefördert werden.
Ambulant und stationär
In der Regel können die Patienten ambulant behandelt werden. In schweren Fällen kann es jedoch sinnvoller sein, stationär oder teilstationär zu behandeln.