Angst und Furcht sind natürliche menschliche Warnmechanismen. Sie dienen der Selbsterhaltung und treten auf bei realen oder erwarteten Bedrohungen. Angst hat in vielen Bereichen durchaus eine nützliche Funktion: sie macht uns wach, bereit, durch Kampf oder Flucht die Gefahr abzuwenden.

Aber egal wieso und woher: Wird das Gefühl zu massiv, kann es lähmend wirken. Je mehr die Angst uns lähmt und je weniger für uns ein Grund erkennbar ist, desto eher handelt es sich nicht mehr um „normale Furcht“, sondern um eine
Angststörung.

Was ist eine Angststörung?


Eine Angststörung (neurotische Angst, irrationale Angst), tritt scheinbar grundlos auf, und kehrt immer wieder, ist übermäßig.

Zunehmend mehr Menschen entwickeln panische Angst vor und in Situationen, die objektiv gar nicht gefährlich sind. Sie erleben dabei Veränderungen am Körper, im Denken und Verhalten wie starke Unruhe, Herzrasen, Atembeschwerden, Schwindelgefühle, Hitzewallungen oder Kälteschauer, Angst vor Kontrollverlust, etc. Solche unbegründete Ängste können auch phasenweise oder anhaltend das Gefühl, schwer krank zu sein, vermitteln.

Die Betroffenen fürchten überdies, dass eines Tages ihre Angst unerträglich stark wird oder nicht wieder aufhören könnte. Dabei zeigen uns wissenschaftliche Untersuchungen, dass Angst nur bis zu einem bestimmten Ausmaß steigen kann und nach einiger Zeit auf diesem Level wieder geringer wird.

Als Strategie zur Vermeidung beginnen viele Betroffene daher, Angst auslösenden Situationen aus dem Weg zu gehen, was allerdings erst recht zu einem Kreislauf von Angst vor der Angst führt und das soziale Leben oft immer mehr einschränkt.

Über die Entstehung von Angststörungen gibt es keine einheitliche Theorie. Biologische Anlage, innerpsychische Konflikte, ängstliche Eltern und traumatisierende Erfahrungen sind alles Faktoren, die zur Entstehung von Angst beitragen. Ängste spielen auch im Zusammenhang mit anderen psychischen Störungen wie z.B. Depression eine wichtige Rolle.

 

 

Panikstörung

 

Bei dieser Erkrankung treten wiederholt Attacken auf, die nicht auf spezifische Situationen oder Objekte bezogen sind. Panikattacken kommen spontan und sind nicht vorhersagbar.

Innerhalb weniger Minuten steigert sich die Angst bis zu ihrem Höhepunkt. Es treten psychische Anzeichen wie Schwindelgefühl, Unsicherheit, Angst vor Kontrollverlust oder Angst zu sterben auf. Sie sind meist begleitet von ausgeprägten körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Schweißausbrüchen, Beklemmungsgefühlen, Atemnot und Zittern.

Häufig entwickelt sich eine verständliche Erwartungsangst, wann und wo man von der nächsten Attacke überfallen wird. Als Folge leiden Betroffene oft auch unter Isolation und sozialem Rückzug.

 

 

Generalisierte Angststörung

 


Hierbei handelt es sich um lang anhaltende Angst, die nicht nur auf bestimmte Situationen oder Objekte begrenzt ist.

Es bestehen Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in Bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme. Man kann sich nur kurzfristig von dieser Angst ablenken oder distanzieren. Typische Symptome sind:

 

 

  1. Motorische Spannung wie Zittern, Muskelanspannung und Ruhelosigkeit

  2. Unkontrollierbare Übererregbarkeit, Beklemmungsgefühle, Schwitzen, Mundtrockenheit und Schwindel

  3. Übermäßige Wachsamkeit und erhöhte Aufmerksamkeit, ein Gefühl der Anspannung, übermäßige Schreckhaftigkeit, Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten und Reizbarkeit

     

     

    Phobie


    Unter Phobie versteht man eine unvernünftige, sich entgegen besserer Einsicht zwanghaft aufdrängende Angst vor bestimmten Objekten oder Situationen.

    Die häufigsten Erscheinungsformen sind
     




    Agoraphobie

    ist Angst vor Situationen, in denen man sich außerhalb der gewohnten Umgebung aufhält. Der Inhalt der Angst besteht vor allem darin, nicht flüchten zu können.

    Typische Situationen sind öffentliche Plätze, Menschenmengen und weite Entfernung von zu Hause.

    Auch hier treten vegetative Symptome wie Herzklopfen, Schweißausbrüche, Tremor, Atembeschwerden und psychische Anzeichen wie Schwindelgefühl, Unsicherheit, Derealisation und Angst vor Kontrollverlust auf.

    Die Betroffenen meiden die angstauslösenden Situationen, was die Bewegungsfreiheit zunehmend einschränkt. Agoraphobie tritt häufig in Verbindung mit einer Panikstörung auf.

     

    Soziale Phobie

    ist eine anhaltende, starke Angst vor Situationen, in denen die Betroffenen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Die soziale Phobie tritt häufig in Verbindung mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik auf.

    Typische Situationen sind soziale Kontakte wie Essen oder Sprechen in der Öffentlichkeit, Begegnung mit Bekannten, Hinzukommen oder Teilnahme an kleinen Gruppen, wie z.B. Partys, Konferenzen oder in Klassenräumen. Besonders unangenehm sind im universitären Bereich die Angst vor Referaten oder Vorträgen vor Publikum oder Prüfungsangst.

    Körperliche Symptome sind Erröten, Vermeidung von Blickkontakt, Händezittern, Übelkeit und Harndrang.

    Der Betroffene weiß, dass die Angst unvernünftig ist, kann sich aber kaum dagegen wehren und versucht deshalb, die angstauslösenden Situationen zu vermeiden.


     

    Spezifische Phobie

    ist anhaltende Angst vor einem spezifischen Objekt oder einer bestimmten Situation. Solche Ängste sind weit verbreitet, sie werden erst dann als krankhaft bezeichnet, wenn sie den Tagesablauf, die üblichen Aktivitäten oder Beziehungen beeinträchtigen oder erhebliches Leid verursachen.

    Typische Formen sind: Angst vor Tieren (z.B.: Hunden, Schlangen, Spinnen), Angst vor Blut, Angst vor geschlossenen Räumen, Höhenangst, Flugangst oder Angst vor Ansteckung.

    Obwohl auch hier die Einsicht über die Übertriebenheit und Unvernunft der Angst vorhanden ist, bestehen eine deutliche emotionale Belastung durch die Symptome oder Vermeidungsverhalten.

     

     

    Hinweise für Bezugspersonen

    Angst als Krankheit anerkennen
    Auch wenn Ängste (als Signale für drohende Gefahr) zum Leben gehören, können sie einen Menschen krank machen. Dies ist spätestens der Fall, wenn Menschen ihre Ängste nicht mehr im Griff haben, sondern umgekehrt die Ängste einen Menschen. Manche Ängste sind offenkundig, andere verbergen sich hinter Körpersymptomen (Herzrasen, Schwindel, Schweißausbrüchen, Zittern, Luftnot, Durchfall usw.) In solchen Situation gilt es, möglichst rasch wieder Kontrolle über die Angst zu gewinnen. Erkennen Sie das Leiden des Angstkranken an und verzichten Sie darauf, es ihm auszureden oder zu bagatellisieren. Beenden Sie die oft genau so endlosen wie fruchtlosen Angstgespräche freundlich, aber bestimmt. Angst kann man nicht ausreden, man muss ihr standhalten.

    Den Kranken zum (sofortigen) Angsttraining motivieren
    Angstkranke neigen dazu, Angst erzeugende Situationen zu vermeiden. Durch Ausweichen nimmt die Angst aber nur weiter zu. Damit sich diese nicht ins Unermessliche steigert, ist es entscheidend, so schnell wie möglich „korrigierende Erfahrungen“ zu sammeln. Diese bestehen durchweg darin, sich der Angst erzeugenden Situation so schnell und so oft wie möglich in kurzen Abständen zu stellen. Ähnlich wie ein Horrorfilm nur noch langweilt, wenn man ihn 200 Mal angesehen hat, verliert auch die Angst ihren Schrecken, wenn man sich ihr oft genug gestellt hat. Begleiten Sie den Kranken nur anfänglich. Möglichst bald sollte er sich der gefürchteten Situation auch alleine aussetzen. Anerkennen und loben Sie jedes eigenständige Bemühen des Kranken. Angstkranke haben oft ein schwaches Selbstwertgefühl und erleben sich als Versager. Das Angsttraining sollte täglich erfolgen und sich über mehrere Wochen erstrecken. Denn Angst hat sich oft über lange Zeit breit gemacht und lässt sich nicht durch einmaliges Üben erledigen. „Pausen“ gefährden nur den Erfolg.

    Keine Ausreden zulassen
    Ängstliche Menschen finden immer einen Grund, das Angsttraining aufzuschieben. Am meisten verbreitet sind Ausreden vom Typ „Sobald es mir besser geht, werde ich...“. Nur wartet man mit einer solchen Einstellung endlos und versucht, das Pferd vom Schwanz aufzuzäumen. Nicht wenn es einem besser geht, lohnt das Training. Vielmehr legt man los, damit dadurch die Besserung eintritt. Auch wenn Angstkranke in der Regel über eine Fülle von Symptomen klagen, macht „Schonung“ sie nicht gesünder. Angstkranke haben mehr davon, sich körperlich zu betätigen und sich so von der Gesundheit ihres Körpers zu überzeugen. Scheuen Sie sich nicht zu überprüfen, ob hinter „Angst“ mitunter nicht auch eine Portion „Bequemlichkeit“ steckt (zum Beispiel sich fahren zu lassen, statt selbst die Straßenbahn zu benutzen). Wenn in Ihrem Beisein eine Panikattacke einsetzt, ist dies eine gute Möglichkeit zum Üben. Motivieren Sie den Kranken auszuhalten und beenden Sie nicht Ihrerseits die Situation.

    Hilflosigkeit nicht fördern
    Nehmen Sie dem Angstkranken nicht zuviel ab. Dies bestärkt nur seine Abhängigkeit und Schwäche. Lassen Sie sich nicht verleiten, dem Angstkranken immer wieder vorzuschreiben, was er tun soll. Helfen Sie ihm lieber, selbst Verantwortung zu übernehmen. Fragen Sie ihn so selten wie möglich nach seinen Ängsten, weil Sie ihn so unnötig auf seine Symptome fixieren. Scheuen Sie sich nicht, den Kranken auch einmal zeitweise alleine zu lassen. Bleiben Sie nicht ständig mit ihm wie über eine Nabelschnur verbunden (z.B. durch ein Handy). Fragen Sie sich ehrlich, inwieweit Sie selbst die Angst des anderen aufrechterhalten. Vielleicht haben Sie ja sogar einen Nutzen davon. Was würde beispielsweise passieren, wenn der Kranke seine Angst überwindet, von Ihnen unabhängig wird und künftig seine eigenen Wege geht? Akzeptieren Sie das Verhalten des anderen, weil Sie möglicherweise selbst Ängste haben?

Ängste und Phobien: Die häufigsten Irrtümer


Alles nur Einbildung
Für Außenstehende ist es oft schwer nachvollziehbar, wenn Angstpatienten nicht mehr aus dem Haus gehen, weder Freunde noch Verwandte besuchen und alle sozialen Kontakte abbrechen. Trotzdem: Die Betroffenen leiden extrem unter ihrer Angst – auch wenn sie körperlich völlig gesund erscheinen.

Nur Frauen sind ängstlich
Keinesfalls. Im Job zu versagen, den Arbeitplatz zu verlieren oder von anderen nicht akzeptiert zu werden, sind häufige Sorgen, die auch Männer betreffen. Wie eine Studie der DAK zeigt, hat das starke Geschlecht zum Beispiel mehr Angst vor dem Alleinsein als Frauen.

Jeder kann seine Angst in den Griff bekommen
In vielen Fällen reicht Selbsthilfe nicht aus. Wenn die Panik so groß wird, dass man Angst vor der Angst hat, entsteht ein Teufelskreis. Professionelle Hilfe von fachkundigen Therapeuten ist hier der einzige Ausweg.

Angst ist immer negativ
Nein. Im normalen Maß ist Angst eine natürliche Schutzreaktion. Dieses Gefühl sorgt dafür, dass wir in gefährlichen Situationen vorsichtig sind.

Situationen, die Angst auslösen, sind zu vermeiden
Wer Fahrstühlen, U-Bahnen oder Menschenmengen konsequent aus dem Weg geht, schränkt seine Aktivitäten ein. Schlimmstenfalls können sich Betroffene nur noch in den eigenen vier Wänden aufhalten. Bei der Verhaltenstherapie setzen sich die Patienten zum Beispiel bewusst mit ihren Ängsten auseinander. Auf diese Weise lernen sie, dass in den entsprechenden Situationen nichts passieren kann.

Angst ist ein Zeichen von Schwäche
Ganz im Gegenteil. Angstpatienten sind oftmals sogar sehr mutige Menschen. Das gilt vor allem für Phobiker. Sie reagieren in Situationen, in denen andere Angst und Panik bekommen, eher mutig.

Angststörungen sind immer psychisch bedingt
Auf keinen Fall. Sie können ganz unterschiedliche Ursachen haben. Häufig ist Stress der Auslöser. Bestimmte körperliche Erkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion führen ebenfalls zu Angstattacken. Auch Drogenmissbrauch oder erbliche Veranlagung können die Beschwerden hervorrufen.

Ängste und Phobien lösen nur seelische Beschwerden aus
Ganz und gar nicht. In der Regel kommt es auch zu körperlichen Begleiterscheinungen wie Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüchen oder Schwindelanfällen. Es kann zu sogar ein Anstieg der Blutfettwerte und des Blutdrucks auftreten.

 

10 Gebote bei Panik

1 Denke daran, dass Panik eine normale Körperreaktion ist, nur übertrieben.

2 Panik ist nicht schädlich oder gefährlich, nur sehr unangenehm.

3 Achte darauf , was gerade hier und jetzt passiert, nicht auf das, was Du fürchst, was passieren könnte.

4 Konzentriere dich darauf, was du hören, sehen und riechen kannst, nicht aber auf deine Körperempfindungen.

5 Verschlimmer Angst nicht durch angsterzeugende Gedanken.

6 Warte ab und lass der Angst Zeit, von selbst zu vergehen.Bekämpfe sie nicht und laufe nicht vor ihr davon.

7 Denken daran, dass jedes Auftreten von Angst eine gute Gelegenheit ist ,Fortschritte zu machen.

8 Atmeruhig und langsam, aber nicht zu tief.

9 Wenn du bereit bist, mit dem weiterzumachen, was du eigentlich tun wolltest, fange langsam und besonnen an. Es ist nicht nötig sich zu beeilen.

10 Erzähle jemanden von dem, was du gerade erlebt hast
 
 
KLEINE HELFER

Angst und Panik mögen es überhaupt nicht, wenn man sich etwas Gutes tut. Hier findet Ihr eine Zusammenstellung hilfreicher Dinge:

Körper

Körperliche Bedürfnisse:
ausreichend schlafen,
sich gut ernähren,
bewegen oder ruhen

Bewegung:
Tanzen, Fahrrad fahren, Laufen, Schwimmen,
Kampfsport (z.B. Aikido) ...

Entspannung:
Autogenes Training, Tai Chi, Feldenkrais, Meditation,
Qi Gong, ...

Ernährung:
vitaminreich, ausgewogen, regelmäßige Mahlzeiten

Seele
Selbstwahrnehmung:
Gefühle wahrnehmen und zeigen, Bedürfnisse wahrnehmen.

Psychotherapie:
Grenzen kennen lernen,
sich selbst kennen lernen ...

Kontakte pflegen:
Gute Freunde treffen, Austausch mit anderen Betroffenen ...

Kreativ sein:
Musik hören oder machen, malen, basteln, kochen, ...

Natur erleben:
Spazieren gehen, Haustiere, Garten, ...

Sich einen Jugendtraum erfüllen:
...


Geist
Lebendigkeit:
Bewusst werden, spontan sein, Aufmerksamkeit üben, Offenheit für neue Dinge, spielerisch mit dem Leben umgehen ...

Das Angsttabu brechen:
Sich über Angst informieren, sich zu seiner Angst bekennen und darüber reden, ...

Psychohygiene betreiben:
den Tag gedanklich aufarbeiten, kleine Probleme gleich lösen, ...

Den Kopf frei machen:
Tagebuch schreiben,
Notizen machen, auf einer anderen Ebene Entspannung suchen, ...