1. Es gibt keine magischen Pillen
Genesen ist harte Arbeit und keine Pille der Welt kann mir diese Arbeit abnehmen.
Wenn ich mich zurücklehne und warte, bis mir eine Pille hilft, wird es mir nie
besser gehen. Während ich geduldig warte, bis mich ein Medikament kuriert,
werde ich ein chronischer, hilfloser Patient, der Pillen auf Kommando schluckt.
Aber ich werde nicht gesund. Genesen bedeutet, die Probleme und
Herausforderungen aktiv anzugehen.
2. Medikamente sind nur ein Werkzeug
Psychopharmaka sind nur ein Werkzeug unter vielen anderen, welche man
einsetzen kann, um gesund zu werden. Körperliche Betätigung, gesunde
Ernährung, Verzicht auf Alkohol und Drogen können hilfreich sein. Auch Liebe,
Alleinsein, Kunst, Natur, Gebet, Arbeit und unzählige weitere Coping-Strategien
sind wichtig, wenn es um meine Gesundheit geht.
3. Medikamente einzunehmen ist keine moralische Frage
Eine Zeitlang vertrat ich die Meinung, Medikamente einzunehmen sei ein Zeichen
von Schwäche. Ich war der festen Überzeugung, dass Menschen die keine
Medikamente mehr einnehmen, besser seien als ich. Heute denke ich nicht mehr
so. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, gesund zu werden. Mir ist wichtig,
achtsam mit mir umzugehen. Es gibt Phasen in meinem Leben während derer ich
keine Medikamente einnehme und es gibt andere, während derer ich
Medikamente schlucke. Das ist meine ganz persönliche Wahl.
4. Lerne, Medikamente zu gebrauchen
Medikamente einfach nur zu schlucken bedeutet, passiv zu sein. Statt dessen
habe ich auf meinem Weg gelernt, Medikamente zur Genesung gezielt
einzusetzen. Dies bedeutet, Medikamente mit Bedacht zu verwenden. Das
Ausprobieren eines neuen Medikamentes, aber auch das Reduzieren oder das
Ausschleichen müssen sorgfältig geplant werden.
5. Gebrauche immer Medikamente und Coping-Strategien
Ausser den Medikamenten gibt es noch zahlreiche Coping-Strategien, wenn es
darum geht, Symptome zu mildern und Stress abzubauen. Nimm dir Zeit, um
Wege zu finden, wie du mit Stimmen, Halluzinationen, Paranoia, Depression,
Zwangsgedanken, Selbstverletzung, Flashbacks etc. umgehen kannst. Mir hilft es,
verschiedene nichtmedikamentöse Strategien zu kennen, um auf diesem Weg die
Dosis zu reduzieren oder ganz auf Medikamente verzichten zu können.
6. Informiere dich über Medikamente
Wenn ich ein Medikament einnehme, muss ich mich darüber informieren. Wir
lassen uns leicht beeindrucken von grossartigen Wörtern und technischen
Ausdrücken, aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, um an zuverlässige
Medikamenteninformationen zu gelangen. Zum Beispiel erkundige ich mich beim
Psychiater mit dem ich zusammenarbeite über das Medikament. Oft sind diese
Auskünfte unbefriedigend. Dann frage ich andere Menschen, die schon Erfahrung
mit diesem Medikament haben. Ein guter Tipp ist der Beipackzettel in der
Medikamentenschachtel. Darauf steht, was das Medikament bewirken soll und
welche unerwünschten Wirkungen es haben kann. Ferner wird über
Vorsichtsmassnahmen und Interaktionen mit anderen Medikamenten informiert.
Wenn du unsicher bist, etwas nicht verstehst oder weitere Fragen hast, wende
dich an die Apothekerin. Bitte sie oder deinen Arzt, dir die Informationen aus dem
Arzneimittelkompendium zu kopieren. Dieser Text ist mit Fachausdrücken
gespickt, aber er enthält gründlichere Informationen als der Beipackzettel. Du
kannst auch eine Bibliothek aufsuchen und dort in einem medizinischen Lexikon
die Ausdrücke nachschlagen, die dir nicht vertraut sind.