1. Vertraue dir
Du weisst mehr über dich, als dein Psychiater je erfahren kann. Beginne deshalb,
dir und deiner Wahrnehmung zu vertrauen. Immer wenn man mir gerade erklärt
hatte, was ich fühle oder wahrnehme sei verrückt, fand ich es besonders
schwierig, meiner eigenen Wahrnehmung zu vertrauen. Aber selbst in Zeiten grösster Verrücktheit war ein Körnchen Wahrheit an meinen Erfahrungen; und ein
Teil der Genesung besteht darin, dir selbst wieder zu vertrauen.
Wenn du unter unerwünschten Medikamentenwirkungen leidest wie Apathie,
Verstopfung, sexuellem Desinteresse, Doppelbildern etc., dann gehe davon aus,
dass deine Wahrnehmung korrekt ist. Akzeptiere nicht, wenn andere sagen, dass
du dir diese Nebenwirkungen bloss einbildest. Rede mit dem Apotheker, sprich mit
Freunden, die dieselben Medikamente eingenommen haben, lies in Büchern oder
im Internet nach. Die Chance ist gross, dass du nicht als ErsteR diese
Nebenwirkungen spürst.

2. Es ist deine Genesung
Viel zu oft habe ich Leute sagen hören: „Dank der Medikamente geht es mir
besser.“ Gib einer chemischen Substanz nicht alle Ehre, selbst wenn du ein
Medikament als hilfreich empfunden hast.
Schau dir all die Dinge an, die du geleistet hast, um gesund zu werden und
gesund zu bleiben. Ein Medikament kann manchmal Türen öffnen, aber es
braucht immer auch mutige Menschen, die durch diese Türe schreiten und ein
neues Leben aufbauen.

3. Deine Fragen sind wichtig
Jeder, der über einige Zeit hinweg Psychopharmaka geschluckt hat, stellt sich irgendwann wichtige Fragen:
· Was bin ich für ein Mensch, wenn ich die Medikamente absetze?
· Was ist mein wahres Ich?
· Ist es wert, diese Medikamente zu schlucken?
· Gibt es Möglichkeiten, die Symptome zu reduzieren, ohne Medikamente?
· Muss ich diese Medikamente immer einnehmen?
· Hat sich mein Medikamentenbedarf im Verlaufe der Zeit verändert?
· Habe ich Spätdyskinesien, die dank der Neuroleptika, die ich gerade
einnehme, nicht an den Tag treten?
· Es gibt keine Langzeitstudien über das Medikament, das ich nehme.
Besteht für mich ein Risiko? Will ich das Risiko auf mich nehmen, nichts
über Langzeiteffekte zu wissen?
· Bin ich süchtig nach dem Medikament?
· Beeinträchtigen die Medikamente mein Gedächtnis oder andere kognitive
Funktionen?


Es ist nichts „verrücktes“ daran, sich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Die
meisten professionell Tätigen verstehen nicht, wie naheliegend diese Fragen
eigentlich sind und rechnen deshalb gar nicht damit, sie gestellt zu bekommen. In
einem Behandlungssystem, das auf Heilung ausgerichtet wäre, gäbe es
Einrichtungen und Angebote, welche die Betroffenen dabei unterstützen würden,
von den Medikamenten wegzukommen und diese abzusetzen.