1. Die meisten Psychiater haben zu wenig Zeit für unsere Bedürfnisse
Es ist falsch davon auszugehen, ein Psychiater habe gründliche Kenntnisse über
die Behandlungsgeschichte seiner PatientInnen. Das haben die wenigsten. In
einer Zeit mit einem hochgradig durchorganisierten Gesundheitswesen haben
Psychiaterinnen immer weniger Zeit für immer mehr Patienten. Sie haben in den
seltensten Fällen die gesamte Krankheitsgeschichte gelesen und in der Regel
haben sie keine Ahnung, welche Medikamente in welchen Kombinationen du
schon geschluckt hast und was deine Erfahrungen damit sind.
Deshalb führe ich selber Tagebuch über die Medikamente, die ich einnehme. Ich
notiere mir die Symptome, derentwegen das Mittel verschrieben wurde, die Dosis
und wie lange ich das Medikament einnehme. Will nun ein Psychiater meine
Medikation ändern, schaue ich zuerst in meinen Aufzeichnungen nach, um sicher
zu gehen, dass ich das Medikament oder die vorgeschlagene Dosis nicht schon
ausprobiert habe. Ich habe keine Lust, wirkungslose oder gar schädigende
Medikationsversuche zu wiederholen.
2. Psychiater haben oft Interessenskonflikte
Ich würde gerne glauben, dass Psychiater in unserem Interesse handeln. Leider
ist dem häufig nicht so. Viele beklagen sich über widersprüchliche Erwartungen
die an sie gestellt werden, welche regelmässig an ihren ethischen Grundlagen
rütteln. Es kommt vor, dass ein Psychiater aufgrund von undurchschaubaren
Kriterien – sei dies aus Spargründen oder Vorgaben der Klinikleitung – statt des
optimalen Medikamentes ein ganz bestimmtes Produkt verschreibt. Wenn dem so
ist, sollten wir offen darüber informiert werden.
3. Auch Psychiater irren
Die wenigsten Psychiater ermutigen uns dazu, eine Zweitmeinung einzuholen
wenn es darum geht, eine Diagnose zu bestätigen oder eine Therapie zu planen.
Es gab Momente, in denen ich es wichtig fand, eine andere Meinung zu hören.
Selbst wenn du in einem HMO- oder Hausarztmodell versichert bist, gibt es
Möglichkeiten, eine Zweitmeinung einzuholen, wenn es um etwas geht, was dir
wichtig ist. Es kann aufwändig sein und zahlreiche Telefonate erfordern, aber es
ist möglich und du bist es wert!
4. Psychiater sind nicht Experten für alles
Viele Psychiater glauben in erster Linie an die Biologie. Das hat zur Folge, dass
sie dein Erleben nur als Symptome betrachten oder dich als verrückt einstufen,
wenn du von spirituellen Erfahrungen, mystischen Erlebnissen oder telepathischen
Fähigkeiten erzählst. Indem du dir sorgfältig überlegst, was du dem Psychiater
erzählst und was du für dich behältst, kannst du die Kontrolle behalten und lieferst
dich nicht aus. Gespräche mit deinem Psychiater sind keine Bekenntnisse! Wenn
du über mystische Erlebnisse reden willst, tust du dies wohl am ehesten mit
Mystikern, über Telepathie kannst du dich mit anderen Medien austauschen etc.