Die Verhaltenstherapie ist eines der wichtigsten psychotherapeutischen Verfahren. Der Begriff "Psychotherapie" kommt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt "Behandlung der Seele". Diese Behandlung erfolgt bewusst geplant und systematisch. Sie setzt an psychischen oder psychosomatischen Problemen an und ist ein zielgerichteter Veränderungsprozess des eigenen Verhaltens. In der Therapie geht es um die systematische Auseinandersetzung mit dem eigenen Erleben, Denken, Fühlen und Verhalten. Ziel ist es, bestehende Probleme zu lösen, zu bessern oder zumindest zu lernen, besser mit ihnen umzugehen.

 

Die Methoden der Verhaltenstherapie

reichen von operanten Verfahren über Selbstkontrollverfahren, therapeutische Rollenspiele, psychophysiologische Methoden und Konfrontationsverfahren bis hin zu kognitiven Methoden und sozialem Kompetenztraining.

Welche Methode zur Anwendung kommt und für ein Problem am besten geeignet ist, entscheidet der Therapeut nicht allein. Letztendlich entscheidet der Patient, ob ihm ein bestimmtes Verfahren weiter hilft oder ob er sich dabei unwohl fühlt. Manchmal müssen verschiedene Wege ausprobiert werden. Häufig kommt es zu einer Kombination mehrerer verhaltenstherapeutischer Verfahren.

Wichtig als Grundlage für alle Methoden sind die vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Therapeut und die aktive Mitarbeit des Patienten.

 
Operante Verfahren

Therapie-Techniken, die lern-theoretische Prinzipien gezielt nutzen, nennt man operante Verfahren. Operante Verfahren der Steuerung und der Formung von Verhalten spielen auf dem Weg zur Verhaltensänderung eine große Rolle. Sie stellen wichtige therapeutische Einflussmöglichkeiten dar und stehen in engem Bezug zum lerntheoretischen Begriff der operanten Konditionierung. Dieses Lernprinzip ist stark durch den amerikanischen Psychologen B. F. Skinner beeinflusst. Es will Verhalten nicht vollständig beschreiben, sondern vereinfacht und abstrahiert es in seiner Darstellung.

Operante Verfahren scheinen auf den ersten Blick einfach, doch sind sie sehr komplex und mit anderen Prinzipien der Verhaltenstherapie so verflochten, dass ihre Anwendung eine genaue Kenntnis der Methoden und eine detaillierte therapeutische Einsatzplanung benötigt.

Man kann operante Methoden in Verfahren zum Aufbau und zum Abbau von Verhalten anwenden. Zudem kann man sie durch die Techniken des Kontingentmanagements unterscheiden. Kontingenz meint, dass ein bestimmtes Verhalten regelmäßig und unmittelbar mit einer bestimmten Konsequenz verknüpft wird. Die operanten Methoden arbeiten mit positiver und negativer Verstärkung. Sie werden bei speziellen Störungsbildern angewendet und spielen eine wesentliche Rolle bei der Interaktion zwischen Patient und Therapeut. So beeinflussen sie jeden therapeutischen Prozess.

Beim Verhaltensaufbau kann der Schwerpunkt auf Erwerb und Ausformung eines kaum oder gar nicht vorhandenen Verhaltens liegen. Dies kann zum Beispiel Kontaktaufnahme bei Menschen, die ausgesprochen unsicher sind, sein oder der Spracherwerb bei einem Kind mit Autismus. Techniken für den Aufbau erwünschten Verhaltens sind:

Bei operanten Methoden zum Abbau von unerwünschtem Verhalten ist es wichtig, immer ein gewünschtes Alternativverhalten zu finden und aufzubauen. Methoden zum Abbau unerwünschten Verhaltens sind:

 
Selbstkontrollmethoden

Ein Ziel der Verhaltenstherapie ist das Selbstmanagement und damit auch Selbstkontrolle. Methoden zur Selbstkontrolle unterstützen den Patienten bei der Kontrollübernahme im Verlauf einer Therapie. Physiologischen Vorgängen liegen Selbstregulationsprozesse zugrunde. Diese beinhalten keine bewusste Verstärkung. Für die Aufrechterhaltung oder Veränderung eines Verhaltensrepertoires werden nun bewusst Verstärker im Sinne einer Selbstverstärkung eingesetzt.

Nach einer Phase der Vorbereitung und Informationsleistung sollen Selbstkontrollmethoden vom Patienten selbstständig eingesetzt werden. Dies ermöglicht eine sehr geringe Abhängigkeit vom Therapeuten und ist zudem zeitsparend und effektiv. Vorzugsweise bei Zwangserkrankungen, Suchtverhalten, Impulskontrollstörungen, der Behandlung von Schmerzwahrnehmung und depressivem Verhalten werden Verfahren der Selbstkontrolle eingesetzt.

Methoden der Selbstkontrolle sind:

Verdeckte Konditionierung: Hierbei erfolgt die Konditionierung lediglich in der Vorstellung des Patienten. Positive oder negative Konsequenzen eines Verhaltens werden nur in Gedanken ausgeführt.

Therapeutisches Rollenspiel

Die Methode des Rollenspiels hat eine weitreichende Tradition in der Verhaltenstherapie. Durch Hilfe des Rollenspiels wird eine Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungs- und Konfliktfähigkeit für den Patienten angestrebt. Es kann für die unterschiedlichsten Diagnosen angewandt werden. Sie erleichtern das Erinnern an bestimmte Situationen, dienen der Diagnostik, erhöhen die Beteiligung in der therapeutischen Arbeit, dienen der Einübung neuer Verhaltensmuster, können Realitätseinschätzungen des Patienten sichtbar machen und helfen bei der Einübung neuer Selbstschemata.

Rollenspiele sind lebendig und gehen mit einer hohen emotionalen Beteiligung des Patienten einher. Der Therapeut muss den Patienten dabei unterstützen, Grenzen zu ziehen und auf die eigene Belastbarkeit zu achten und emotionale Überforderung verhindern.

Inhaltlich können Rollenspiele verschiedenen Bereichen entnommen sein:

Auf der Verhaltensebene können sich Rollenspiele mit folgenden Dingen beschäftigen:

Die Ziele eines Rollenspiels kann man in emotionale und kognitive Ziele unterteilen. Emotionale Ziele im therapeutischen Rollenspiel können sein:

Kognitive Ziele eines therapeutischen Rollenspiels sind:

Rollenspiele werden meist hierarchisch einem Schwierigkeitsgrad folgend aufgebaut. Sie dienen häufig als Vorbereitung auf reale Erfahrungen. Oft werden Situationen aus der Familie oder Partnerschaft in der Hierarchie weit oben angesiedelt. Bei Rollenspielen in einer Therapiegruppe können Situationen einzelner Teilnehmer für eine allgemeine Aufgabenstellung gesammelt werden ? zum Beispiel Grenzen setzen am Arbeitsplatz. In der Einzeltherapie wird der Therapeut von Situationen ausgehen, mit denen der Patient Probleme hat, und bei diesen die wichtigen Punkte herausarbeiten und schließlich eine Reihe leichter Übungssituationen entwickeln.

Die Rückmeldungen, die der Therapeut im Anschluss an das Rollenspiel gibt, sollten sich auf die von Therapeut und Patient festgelegten Ziele beziehen. Eine Möglichkeit der Rückmeldung ist eine Selbstrückmeldung des Patienten. Hierfür lenkt der Therapeut den Patienten durch Fragen zu den spezifischen Themen, die bearbeitet werden sollten. Video- oder Tonbandaufzeichnungen des Rollenspiels können für die Rückmeldung hilfreich sein.
 
Konfrontationsverfahren

In der Verhaltenstherapie umfasst der Begriff Konfrontationsverfahren eine sehr heterogene Gruppe von therapeutischen Behandlungsmethoden. Die Gemeinsamkeit ist die Konfrontation (auch Exposition genannt) des Patienten mit einem aversiven ? angstbesetzten -  Reiz. Das kann ein sogenannter externer Reiz sein, also ein konkret aversiv erlebtes Ereignis oder intern, also über negative Gefühle und Gedanken, verursacht sein. Dem aversiven Reiz folgt ein schwieriges Verhalten. Meist handelt es sich hierbei um ein Flucht- oder Vermeidungsverhalten. Durch die Vermeidung des als negativ empfundenen Reizes kommt es zu einer negativen Verstärkung des Problemverhaltens.

Das gemeinsame Ziel aller Konfrontationsverfahren ist die Verhinderung des Flucht- oder Vermeidungsverhaltens. Auf diese Weise soll der Patient die Erfahrung sammeln, dass die eigentlich erwarteten unangenehmen Folgen ausbleiben. So wird auch die negative Verstärkung des Problemverhaltens vermieden. Es kann zu einer Neubewertung und veränderten Wahrnehmung kommen.

Einen Hauptanwendungsbereich finden Konfrontationsverfahren in der Behandlung von Angststörungen. Auch bei Bulimie, Abhängigkeitsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen kommen Konfrontationsverfahren zum Einsatz.

Es gibt verschiedene Ansätze, die unterschiedlichen Verfahren der Konfrontationsmethoden zu systematisieren. Eine Unterteilung nach der Art ihrer Anwendung bietet sich an. So kann man die Art (in sensu oder in vivo) und die Intensität der Reizdarbietung unterscheiden. Bei In-sensu-Methoden stellt sich der Patient den als negativ empfundenen Reiz in der Therapie möglichst plastisch vor. Das Ziel besteht darin, den Reiz stufenweise in Kombination mit Entspannungstechniken darzubieten, um so die problematischen Reaktionen abzubauen. In-vivo-Methoden arbeiten mit der direkten Konfrontation mit den angstbesetzen Reizen. In-sensu-Verfahren können hierfür vorbereitend dienen.
 
Psychophysiologische Methoden

Ein Verhaltenstherapeut erfasst für gewöhnlich ein zu beobachtendes Verhalten auf unterschiedlichen Ebenen:

Bei einem Patienten mit Panikattacken zum Beispiel ist zum einen festzuhalten, dass er nach eigenem Bericht angibt, in welchen Situationen die Attacken auftreten, dass er in bestimmten Situationen fluchtartig dem Ausgang zustrebt (Motorik) und zudem kann beispielsweise die Herz- oder Atemfrequenz in der bestimmten Situation erfasst werden (physische Reaktion).

Die am meisten etablierte und am besten untersuchte psychophysiologische Methode ist das Biofeedback-Training. Hierbei werden physiologische Vorgänge mithilfe physiologischer Messungen dem Bewusstsein zugänglich gemacht, so dass in der Folge bewusst auf diese eingewirkt werden kann. Das Biofeedback wird stets im Rahmen einer umfassenderen verhaltenstherapeutischen Behandlung durchgeführt. Diagnostik und Verhaltensanalyse müssen vorausgehen. Zudem muss detailliert geklärt werden, welches Ziel mit Hilfe des Biofeedbacks erreicht werden soll.

Eine Trainingsphase des Biofeedbacks beginnt mit der Wahrnehmung des Biosignals. Hierfür werden Beschwerden protokolliert und eine ?Baseline? erstellt, indem physische Reaktionen, beispielsweise die Herzfrequenz, im Ruhezustand gemessen werden. Daraufhin erfolgt das Erlernen der Kontrolle über dieses Signal.

Das Erlernen der Kontrolle kann durch bewusst eingesetzte trainierte Entspannungstechniken, wie zum Beispiel autogenem Training, erfolgen. Schließlich kann die in der Therapiesitzung trainierte Kontrolle über die physischen Reaktionen auf den Alltag übertragen werden. Übt der Patient die Entspannungstechniken gründlich und beherrscht diese sehr gut, kann es letztendlich so weit kommen, dass in einer Stresssituation allein die Vorstellung der Technik ausreicht, um die physiologische Reaktion zu kontrollieren.

Ein Biofeedback-Training hängt in seiner Dauer von der Schwere der zu behandelnden Störung ab. Für gewöhnlich nimmt ein solches Training zehn bis 25 Sitzungen in Anspruch.
Kognitive Verfahren

Die Kognitive Verhaltenstherapie entwickelte sich in den 1960er Jahren aus dem Kognitivismus, einer Gegenbewegung zum Behaviorismus. Aaron T. Beck und Albert Ellis sind die bekanntesten Vertreter kognitiver Verfahren.

Unter Kognitionen werden in der Verhaltenstherapie der Vorgang des Denkens und das Produkt dieses Denkprozesses erfasst. So sind Wahrnehmungen, unser Gedächtnis, Glauben, Wertvorstellungen, die Sprache, Problemlösestrategien und Urteile unter diesem Begriff zusammengefasst. Kognitionen sind wichtige Mechanismen des emotionalen Erlebens. Emotionen stellen das Ergebnis eines Bewertungsprozesses in zwei Stufen dar. Zunächst wird eine Situation eingeschätzt und bewertet, schließlich werden Handlungsstrategien bewertet und selektiert.

Die kognitive Therapie ist zeitlich begrenzt, strukturiert und problemzentriert. Es wird ein Plan für jede Sitzung erstellt, der alle Punkte aufzeichnet, die in der Sitzung behandelt werden sollen.

Bearbeitet werden somit bevorzugt konkrete Alltagsprobleme. Zwischen den Sitzungen muss der Patient ?Hausaufgaben? erledigen, in denen in der Therapie Erlerntes im Alltag zum Einsatz kommt. In den Sitzungen interpretiert und analysiert der Therapeut die Kognitionen des Patienten und bringt ihn über gezielte Fragestellungen dazu, die automatischen Gedanken und Einstellungen zu verbalisieren, nachzuvollziehen und zu prüfen. Man nennt dies auch die ?Sokratische Methode?. Sie soll den Patienten dazu bringen, selbst festzustellen, dass seine Denkweise nur eine Möglichkeit von vielen darstellt und es alternative Interpretationen zu ein und derselben Situation geben kann, die gegebenenfalls eher der Realität entsprechen. Durch das Bewusstmachen anderer Handlungsmöglichkeiten und Denkweisen sollen Änderungsprozesse in Gang gesetzt werden.

Spezielle kognitive Methoden stellen Problemlöseverfahren dar. Sie basieren auf Erkenntnissen und Modellen der Grundlagenforschung der Psychologie. Eine Abfolge von Lösungsstufen für die Lösung eines Problems wird gegebenenfalls mehrfach durchlaufen, um ein Teilziel zu erreichen. Es werden Fertigkeiten und Strategien geübt, die über das bestehende Problem hinaus auf andere Bereiche übertragen werden können.

Kanfer unterscheidet für die klinische Psychologie drei Bereiche des Problemlösens:

Bei einem Problemlösetraining werden vorhandene Kompetenzen zur Problemlösung durch Erlernen eines systematischen Vorgehens ausgebaut. Dieses Vorgehen kann man in acht aufeinander aufbauende Schritte unterteilen:

 
Soziales Kompetenztraining

Will man seinen Bedürfnissen gerecht werden und Ziele erreichen, ist zwischenmenschliche Interaktion nötig. In entsprechenden Situationen muss man Kompromisse zwischen sozialer Anpassung und individuellen Bedürfnissen finden, die alle Beteiligten möglichst zufrieden stellen. Somit trägt die soziale Kompetenz zur Lebensqualität eines jeden Menschen bei. Die soziale Kompetenz ist ein Oberbegriff für Fähigkeiten wie Selbstbehauptung, Selbstsicherheit und soziale Fertigkeiten.

Fehlen die nötigen Fähigkeiten, um soziale Situationen erfolgreich zu bewältigen, spricht man von einem Kompetenzdefizit. Es handelt sich hierbei häufig um schüchterne Menschen, die ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf bestimmte soziale Situationen haben.

Ein sozial inkompetentes Verhalten zeigt sich bei Menschen, die in bestimmten sozialen Situationen nicht mit der angemessenen Verhaltensweise reagieren.

Menschen mit einer Sozialphobie hingegen verfügen über normale soziale Fertigkeiten, haben jedoch Ängste in Bezug auf bestimmte soziale Situationen, was mit Schüchternheit einhergehen kann.

Trainings zur Verbesserung sozialer Kompetenzen und zwischenmenschlicher Beziehungen wurden bereits in den Anfängen der Verhaltenstherapie entwickelt. Es handelt sich so um standardisierte Verfahren, die gut überprüft und effektiv sind.

Ein Grundgedanke von Ansätzen der Kompetenztheorien ist, dass Menschen in unterschiedlichem Maß über Fertigkeiten verfügen, um zwischen sozialer Anpassung und individuellen Bedürfnissen Kompromisse zu finden und durchzusetzen. Ein Training der sozialen Kompetenz kann Stärkung oder Schwächung von Tendenzen zur Selbstverwirklichung oder Stärkung oder Schwächung von Tendenzen zur Anpassung beinhalten, um eine Balance für den Behandelten zu finden.

Beim Training werden kognitives, emotionales und tatsächliches Handeln berücksichtigt. Es wird zudem zwischen selbstsicherem, aggressivem und unsicherem Verhalten unterschieden. Die Selbstbehauptung muss der Situation angemessen und verantwortlich sein.

Die Behandlungsstrategien des sozialen Kompetenztrainings setzen an verschiedenen Punkten an. Angstreaktionen, die zur Vermeidung oder zu Fehlverhalten in bestimmten sozialen Situationen führen, werden durch Desensibilisierung und Selbstbehauptungstrainings beseitigt. Mangelnde oder fehlende Fähigkeiten als Ursache für die Vermeidung von Sozialverhalten oder unangemessenes Verhalten werden beispielsweise durch Verhaltensübungen geschult. Das können ungünstige kognitive Prozesse oder Inhalte sein. Diese können durch Methoden der kognitiven Umstrukturierung verändert werden.

Wird die Ursache für vermeidendes oder unangemessenes Verhalten in der Interaktion kognitiver, affektiver und motorischer Faktoren gesehen, werden in der Therapie Veränderungen auf allen drei Ebenen angestrebt. Dies kann zum Beispiel durch eine Kombination aus Interventionstechniken geschehen.
 

Praktisches Vorgehen Schritt für Schritt

Am Anfang der Verhaltenstherapie stehen die Klärung der Beschwerden und die Suche nach Lösungsansätzen. Der Hauptteil der Therapie besteht im Änderungsprozess. In der Endphase nimmt der Therapeut seine Unterstützung langsam wieder zurück.

Vor dem Beginn einer Therapie steht die Suche nach einem geeigneten Therapeuten. Man kann sich von seinem Hausarzt zu einer Therapie überweisen lassen, dies ist jedoch nicht zwingend notwendig. Ein Vorteil ist, dass der Hausarzt gegebenenfalls Kontakte vermitteln und einen oder mehrere Therapeuten speziell für das Problem des Patienten empfehlen kann.

Gesetzlich versicherte Patienten haben das Recht auf bis zu fünf Probesitzungen bei einem oder mehreren Therapeuten. Bereits in den Probesitzungen werden Probleme und Beschwerden sondiert und der Patient kann seine Wünsche und Erwartungen benennen. Wichtig ist, dass sich eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Therapeut aufbaut und beide Seiten zum Gelingen der Therapie beitragen.

Formell muss in der Anfangsphase der Therapie ein Therapieantrag bei der Krankenkasse gestellt werden. Der Therapeut klärt darüber hinaus über den Verlauf der Therapie, über Dauer und Kosten auf.

Im Hauptteil der Therapie beginnt die eigentliche Arbeit. Gemeinsam arbeiten Therapeut und Patient an Lösungen für die Probleme und Sorgen des Patienten und an der Umsetzung von Lösungswegen. Gemeinsam beurteilen Therapeut und Patient, ob der Weg erfolgreich war oder ob man auf andere Weise weiter arbeiten muss.

Ist der Patient mit den Änderungen und Lösungen zufrieden, dann beginnt die Endphase der Therapie. Die Veränderungen werden stabilisiert. Das Ziel der Verhaltenstherapie ist erreicht, wenn der Patient ohne die Hilfe des Therapeuten wieder gut leben kann.

Anfangsphase der Therapie

Die Klärung der Hauptprobleme und Ziele ist die wichtigste erste gemeinsame Aufgabe von Patient und Therapeut. Diese kann schon mal ein paar Sitzungen lang dauern. Der Therapeut wird mit dem Patienten die wichtigsten Probleme besprechen und sondieren und Interesse dafür zeigen, welche Ziele und Wünsche er hat, was er in der Vergangenheit erreicht hat, welche Talente er mitbringt, wie seine Familie und seine Freunde zu ihm stehen.

Wichtig ist auch, dass der Therapeut im Zusammenhang mit den Erwartungen und Wünschen des Patienten klar die Möglichkeiten und Grenzen der Therapie aufzeigt. Er wird den Patienten darüber aufklären, was auf ihn zukommt. Eine Therapie bedeutet eine Veränderung, deshalb muss dem Patienten klar sein, was dies im Speziellen heißen kann. Mit anderen Worten: Wer lernen will zu schwimmen, muss auch ins Wasser, auch wenn ihm dies zunächst Angst macht.

Zudem ist wichtig, dass der Therapeut deutlich macht, dass bestimmte Lebenstatsachen nicht verändert werden können und man nur mit ihnen arbeiten kann. Die Energie des Patienten soll sich auf änderbare Probleme konzentrieren.

In die Anfangsphase fällt auch die Entscheidung, welche Probleme zuerst in Angriff genommen werden sollen. Möchte Frau Z. erst den Konflikt mit ihrem Sohn lösen oder ihre Angststörung überwinden? Zudem stellt sich die Frage, ob weitere Personen in die Therapie einbezogen werden sollen oder können. Wer kann und möchte bei einer Besserung helfen? Dies muss keine Hilfe von Personen aus dem sozialen Umfeld des Patienten sein, es kann sich auch um spezielle Organisationen oder Einrichtungen handeln (Arbeitsämter, Sozialarbeiter).

Auch die Art und die verschiedenen Möglichkeiten des Hilfsangebots müssen besprochen werden. Ist für den Patienten eine Einzel-oder Gruppentherapie hilfreicher? Kann die Behandlung ambulant erfolgen oder ist ein stationärer Aufenthalt ratsam?

Bei bestimmten Störungen sind diagnostische Abklärungen durch psychodiagnostische Verfahren notwendig. Bei körperlichen Beschwerden muss eine medizinische Untersuchung erfolgen.

Der Patient muss schließlich entscheiden, ob er den Therapeuten für geeignet hält, ihm bei seinen Problemen zu helfen. Umgekehrt muss der Therapeut einschätzen, ob er für die Probleme des Patienten der richtige ist und ob der Patient wirklich bereit für eine Therapie ist. Gegebenenfalls kann eine Weiterverweisung nötig sein.

Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn der Patient bei einem ersten Kontakt ein ungutes Gefühl verspürt. Er trifft schließlich gerade eine sehr bedeutsame Entscheidung und spricht vielleicht zum ersten Mal über belastende und sehr persönliche Themen, noch dazu mit einer außenstehenden Person. Viele Patienten fühlen sich aber nach einem Erstkontakt deutlich erleichtert.

In der Anfangsphase der Therapie kann man damit rechnen, dass der Therapeut Folgendes vom Patienten wissen möchte:

  • was der Hauptgrund für die Therapie ist und warum diese gerade jetzt angefangen werden soll

  • ob der Patient freiwillig zu ihm gekommen ist oder aufgrund einer Empfehlung oder gar unter Zwang

  • objektive Angaben zu Alter, Familienstand, beruflicher Entwicklung und so weiter

  • seit wann die Probleme bestehen und ob der Patient bereits einen Behandlungsversuch unternommen hat

  • die wichtigsten Probleme und Erwartungen

  • wie der Patient sich sein Leben in Zukunft vorstellt

Zudem wird der Therapeut um Informationen bitten, durch die er einschätzen kann:

  • ob er für das Anliegen des Patienten kompetent ist

  • ob diagnostische oder medizinische Untersuchungen und gegebenenfalls eine medikamentöse Begleitung notwendig sind

  • ob eine ambulante Therapie geeignet oder ein stationärer Aufenthalt nötig ist

  • ob bestimmte Institutionen oder Eirichtung in die Therapie einbezogen werden müssen

  • ob Hilfe durch andere Institutionen nicht sogar Vorrang hätte (wie zum Beispiel betreutes Wohnen oder akute Krisenhilfe)

  • ob Personen aus dem persönlichen Umfeld zur Therapie mitkommen sollten
 
Rolle von Patient und Therapeut

Jeder Patient hat seine ganz eigenen Erwartungen an einen Therapeuten. In der Anfangsphase der Therapie klären sich diese Erwartungen und sollen in realistischer Weise aufgebaut werden. Zu bedenken gilt stets, dass sich die Beziehung von Patient und Therapeut von alltäglichen Kontakten unterscheidet. Die Beziehung zum Therapeuten ist eine Beziehung auf Zeit, mit speziellen Spielregeln, die nicht willkürlich festgelegt sind, sondern für einen erfolgreichen Therapieverlauf notwendig.

Die Patient-Therapeut-Beziehung ist problem- und zielorientiert, ein Mittel zum Zweck. Der Patient steht mit seinen Problemen immer im Mittelpunkt. Letztendlich handelt es sich um eine Dienstleistungsbeziehung. Es gibt klare Grenzen für körperliche Nähe und Intimität. Dafür kann eine starke emotionale Beteiligung und psychische Nähe entstehen. Nicht erwarten darf der Patient eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Ein Therapeut kann Probleme nicht wegzaubern, Vater, Mutter oder Partner spielen oder die Probleme an Stelle des Patienten lösen.

Realistische Erwartungen, die ein Patient an seinen Therapeut stellen kann, sind:

  • Eine vertrauens- und respektvolle Atmosphäre, so dass der Patient ohne Hemmungen alles äußern und besprechen kann, was in ihm vorgeht oder was ihm geschehen ist.

  • Umfangreiche Informationen über alle Aspekte der Therapie, Mitsprache und Mitbeteiligung.

  • Eine professionelle Arbeitsbeziehung, in welcher der Therapeut eine möglichst neutrale Position einnimmt und durch Unterstützung und Herausforderung hilft, neue Wege zu lernen.

  • Der Therapeut hält sich an die ?Spielregeln? seines Berufsstands, wie beispielsweise an die Schweigepflicht.

  • Hilfe beim Lösen von Problemen und beim Veränderungsprozess; der Therapeut gibt dem Patienten Anleitungen zur Problemlösung oder der Minderung der Begleiterscheinungen der Probleme. Er hilft, realistische Ziele zu formulieren.

  • Fachliche Kompetenz. Ein Verhaltenstherapeut sollte sich immer auf dem aktuellsten Stand der Verhaltenstherapie halten und die Qualität der Therapie durch Weiterbildung und Supervision der eigenen Tätigkeit sichern.

Nicht nur der Therapeut sollte sich an bestimmte Erwartungen halten. Auch für den Patienten gelten gewisse Spielregeln:

  • Der Patient sollte in der Therapie offen und ehrlich sein und Fragen stellen, wenn ihm etwas unklar ist.

  • Er sollte aktiv mitarbeiten, Dinge ausprobieren, neue Erfahrungen sammeln, sich selbst beobachten, Termine einhalten etc.

  • Er sollte bereit sein, bestimmte Lebenseinstellungen und ?haltungen, Verhaltensmuster und Interessen zu hinterfragen und zu analysieren.

  • Er sollte die Therapie ernst nehmen und sich die nötige Zeit dafür reservieren.

  • Er sollte Schritt für Schritt vom Reden zum Handeln übergehen und auch zwischen den Sitzungen an Änderungen arbeiten.

  • Er sollte die Aufmerksamkeit mehr auf die Zukunft als auf die Vergangenheit, mehr auf Lösungen statt auf Probleme und mehr auf Stärken statt auf Schwächen richten.

  • Er sollte vom Therapeuten kein Allheilmittel erwarten.
Hauptphase

Wenn die Grundlagen für einen guten Behandlungsverlauf vorhanden sind, sich eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Patient und Therapeut entwickelt hat und über die Schwerpunkte für die folgenden Therapiestunden entschieden wurde, kann mit konkreten Veränderungs- und Lernprozessen begonnen werden.

Wer in seinem Alltag mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, der will sie meist so schnell wie möglich wieder loswerden. Genau dadurch kann sich ein Problem noch verstärken, denn blinder Aktionismus ohne einen Blick auf die Ursachen und Zusammenhänge des Problems führt selten zu einer Problemlösung. In der Hauptphase der Therapie hält der Patient zunächst inne und klärt und analysiert mit dem Therapeuten den Ist-Zustand. Dies hilft beim Einstieg in die Problembearbeitung.

Wichtig ist es zudem, in allen Lebenssituationen auch die positiven Seiten zu entdecken, auch wenn etwas auf den ersten Blick nur negativ erscheint. Stärken und persönliche Einflussmöglichkeiten können in Sorgen untergegangen sein und warten nur darauf, freigelegt zu werden.

Folgende Fragen sind also grundlegend für die Hauptphase der Therapie:

  • Worin besteht das Problem?

  • Was genau macht mich unglücklich?

  • Wann ist das Problem das letzte Mal aufgetaucht?

  • Was wäre ein typisches Beispiel für das Problem?

  • Was denke/fühle ich, wenn das Problem auftaucht? Wie verhalte ich mich in einer solchen Situation?

  • Wie häufig tritt das Problem auf und in welchen Situationen?

  • Wann ist das Problem stärker oder schwächer?

  • Was könnte das Problem verursacht haben?

  • Wie schätzen Personen aus meinem Umfeld das Problem ein?

  • Was läuft in meinem Alltag gut?

  • Was macht mich glücklich oder zufrieden?

  • Was läuft in den Bereichen, in denen ich kein Problem habe, gut?

  • Wofür schätzen mich meine Mitmenschen?

  • Was habe ich bisher erreicht?

  • Was hat mir geholfen, trotz meiner psychischen Probleme weiter zu machen?

Kann man bestimmte Fragen nicht oder nur mit Schwierigkeiten beantworten, dann wird der Therapeut dabei helfen, auf den Punkt zu kommen. Er könnte den Patienten zum Beispiel darum bitten, die Aufmerksamkeit auf Abläufe im Alltag zu richten und Beobachtungen zu machen, oder kleine Aufgaben für den Alltag stellen.

Manchmal muss auch ein regelrechtes Knäuel von Problemen entwirrt werden, damit wichtige von weniger wichtigen Problemen unterschieden werden und Ansatzpunkte gefunden werden können. Schließlich muss entschieden werden, welches Problem zuerst in den Griff bekommen werden soll. Das könnte ein Problem sein, das die höchste emotionale Belastung oder gar eine existenzielle Bedrohung darstellt. Es kann auch ratsam sein, mit dem Lösen von Schwierigkeiten zu beginnen, die prinzipiell lösbar sind oder von so zentraler Bedeutung, dass sie sich auf verschiedene Lebensbereiche auswirken. Es kann auch zunächst ein Problem angegangen werden, für dessen Lösung der Patient bereits bereit ist.

Hat ein Patient mit sehr vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, kann er den Überblick durch Veranschaulichung behalten. Das Notieren belastender Lebensbereiche, Symbole für die einzelnen Problembereiche oder eine Skizze können helfen, sich zu sortieren.

Die Suche nach Alternativen und Zielen ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Therapie. Ein Problem ist erst in seinem vollen Umfang erkannt, wenn ein vom Ist- Zustand unterschiedener Soll-Zustand formuliert ist, also die Möglichkeit der Veränderung. Leitfragen, die Patient und Therapeut in Bezug auf den Soll-Zustand stellen können, sind:

  • Ob das Leben des Patienten so sein muss wie es ist.

  • Wie das Leben des Patienten anders sein könnte.

  • Wie würden die nächsten Jahre des Patienten verlaufen, wenn alles nach seinen Wünschen und Träumen ginge?

  • Kennt der Patient jemanden, der ähnlich lebt, wie er leben will? Gibt es ein Ideal oder ein Vorbild?

  • Was müsste passieren/getan werden, damit es dem Patienten ein bisschen besser geht?

  • Welche Veränderungen hat der Patient bisher bewerkstelligt und wie hat er dies getan?

  • Welche Interessen, Fähigkeiten und Talente können in Zukunft besser ausgeschöpft werden?

Wenn der Ist-Zustand und der Soll-Zustand geklärt sind, gilt es, die Fertigkeiten festzustellen und auszubauen oder zu erlernen, die für einen Veränderungsprozess von Nöten sind. So können Lernziele formuliert werden, welche die Richtlinie für das weitere Vorgehen bilden. Besteht ein Problem beispielsweise darin, dass der Patient ein Mensch ist, der immer alles allen recht machen möchte und das Lernziel ist folglich, dass er in Zukunft seine eigenen Bedürfnisse besser beachten will, dann kann eine mögliche Maßnahme zur Erreichung des Lernziels in Selbstbeobachtung und Selbstreflexion bestehen. Sollten diese dem Patienten schwer fallen, kann der Therapeut durch Fragen als Anregung zur Selbstreflexion stützend auf den richtigen Weg führen. Für viele Lernziele gibt es bestimmte verhaltenstherapeutische Methoden, die der Therapeut der Person des Patienten und seiner speziellen Situation anpassen kann.

Die Diskrepanz zwischen dem unbefriedigenden Ist- und dem gewünschten Soll-Zustand soll reduziert oder gar ausgelöscht werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies zu erreichen. Zunächst kann man sich auf den Weg machen. Sind die Situation und der erstrebte Zustand definiert, kann sich der Patient in kleinen Schritten in Richtung der vereinbarten Ziele bewegen. Dies ist der häufigste Weg der Verhaltenstherapie.

Eine weitere Problemlösung kann darin bestehen, beim Ist-Zustand zu bleiben und von Änderungszielen Abstand zu nehmen, da diese unrealistisch sind oder der Preis für die Veränderung zu hoch ist. Es wird hingegen gelernt, den Ist-Zustand zu akzeptieren und zufrieden zu sein mit dem, was man hat.

Manchmal ist die vernünftigste Variante die Bildung eines Kompromisses. Man entscheidet sich, Ist- und Soll-Zustand einander anzunähern.

Eine radikale Variante ist ein völliger Neubeginn. Es gibt meistens auch andere Wege zu Zufriedenheit, als die bisher verfolgten. Es ist hierbei wichtig, die Vorteile der neuen Alternative genau zu analysieren und abzuwägen. Ein vorschneller Entschluss in diese Richtung kann leicht bereut werden.

Auf dem Weg, Fertigkeiten zur Bewältigung von Problemen zu lernen, gibt es niemanden, der nicht auf bereits vorhandene Stärken zurückgreifen kann. Oft werden diese Stärken nur vom Patienten selbst nicht als solche wahrgenommen. So muss er zunächst akzeptieren, dass auch bei ihm zumindest kleine Stärken vorhanden sind, er muss aktiv nach Fähigkeiten suchen und die entdeckten Talente in seinem Alltag häufiger umsetzen, kultivieren und ausbauen und zusätzlich neue Interessen entwickeln.

Diese Fähigkeiten können dann dazu genutzt werden, um Defizite in anderen Lebensbereichen auszugleichen, sich wieder als Ganzes wahrzunehmen und nicht nur im Schatten der problematischen Lebensbereiche.

In einem weiteren Schritt werden schließlich die vereinbarten Lösungen praktisch umgesetzt. Meist bewegt sich der Patient durch den Therapeuten geleitet in kleinen Schritten auf ein großes Ziel zu. Bei einem Patienten mit Angststörungen, die so weit gehen, dass er das Haus nur noch ungern verlässt, kann so ein kleiner Schritt schon die Bewältigung eines Einkaufs im Supermarkt um die Ecke sein. Der Therapeut sorgt dafür, dass die einzelnen Schritte eine Herausforderung, aber keine Überforderung darstellen. Der Verhaltenstherapeut hat viele verschiedene Methoden in seinem Repertoire, mit denen er zielgerichtet dem Patienten beim Erreichen des großen Ziels helfen kann.

Die Ergebnisse der angewandten Methoden bestimmen, wie die Therapie weiter verläuft. Der Patient ist an der Beurteilung der Fortschritte maßgeblich mitbeteiligt. Sind Erfolge zu verzeichnen, ermutigen diese den Patienten, seinen Weg weiter zu verfolgen. Die Beurteilung von Fortschritten wird ersichtlich, wenn man sich den Stand der Dinge zu Beginn der Therapie ins Gedächtnis ruft und die angestrebten Lernziele betrachtet. Hierfür kann ein Vergleich anhand von Fragebögen oder Beobachtungsprotokollen hilfreich sein. Bei medizinischen Befunden können auch neue Laborwerte etwas über den Erfolg einer Therapie aussagen. Zusätzlich zum Urteil von Patient und Therapeut können auch Freunde oder Familie danach befragt werden, ob sie Veränderungen beim Patienten wahrnehmen.

Eine Therapie verläuft nicht immer geradlinig. Es kann Startschwierigkeiten geben oder man kommt im späteren Verlauf der Therapie an einen Punkt, bei dem man eine Weile auf der Stelle tritt. Manche Therapieverläufe sind ein ständiges Auf und Ab. Doch auch wenn alles gut läuft, darf man eine Veränderung erst als solche betrachten, wenn sie stabil bleibt und zu einer guten Gewohnheit geworden ist.

 
Endphase der Therapie

In der Endphase der Therapie steht die Vorbereitung auf einen Alltag ohne therapeutische Hilfe im Mittelpunkt. Nach dem Erreichen von Fortschritten wird der Kontakt zwischen Therapeut und Patient allmählich beendet. Erreichte Verbesserungen werden stabilisiert, es wird Bilanz gezogen und die wichtigsten Erfolge und Methoden für diese zusammengefasst.

Zudem bereitet der Therapeut den Patienten gut auf die Zeit nach der Therapie vor. Ein Therapieende muss dabei nicht endgültig sein. Der Patient kann auch zunächst völlig selbständig leben und wegen anderer, in der Therapie noch nicht behandelter, Probleme zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Es können andere Hilfsmöglichkeiten zur Bewerkstelligung des Alltags und zur Unterstützung aufgesucht werden (Selbsthilfegruppen, Nachsorgeeinrichtungen, Kirchengemeinden, soziale Einrichtungen etc.).

Wenn ein Therapeut den Patienten nicht rechtzeitig loslässt und länger als nötig therapeutische Hilfe bietet, besteht die Gefahr, dass der Patient von der Therapie anhängig wird.

Man kann als Patient auch selbst auf einige wichtige Anzeichen achten, die das Ende der Therapie andeuten:

  • Es geht einem besser und man kommt mit wichtigen alltäglichen Anforderungen zurecht.

  • Es gelingt, alltägliche Probleme ohne therapeutische Hilfe befriedigend zu lösen.

  • Die Anliegen an den Therapeuten werden geringer.

  • Man hat nicht mehr das Gefühl, die Therapie unbedingt zu brauchen.

  • Es ist kein Problem, wenn die Abstände zwischen den Sitzungen größer werden; gegebenenfalls wird es sogar lästig, zu den Sitzungen zu kommen.

Spätestens in der letzten Sitzung ist es wichtig, die Zeit nach Beendigung der Therapie in den Fokus zu nehmen. Die gesamte Therapie hatte ja bereits zum Zweck, auf das Alltagsleben vorzubereiten und sich im Selbstmanagement zu üben. Jetzt sollten die erlernten Fähigkeiten, die zum Erfolg geführt haben, noch einmalzusammengefasst und vor Augen geführt werden. Zudem bietet sich die Gelegenheit, sich noch einmal mit schwierigen Situationen auseinander zu setzen, die in nächster Zeit gegebenenfalls auf den Patienten zukommen, oder Vorsätze und Lernaufgaben zu besprechen, die der Patient alleine nach Therapieende umsetzen möchte.

Die Rückmeldungen in den letzten Sitzungen durch den Therapeuten liefern dem Patienten noch einige Hinweise auf das, worauf er in Zukunft achten sollte. Umgekehrt kann auch der Patient dem Therapeuten durch seine Einschätzung der Therapie hilfreiche Informationen geben, was er bei anderen Patienten ähnlich machen oder ändern sollte.