Als Gesprächstherapie werden landläufig alle Formen der Psychotherapie bezeichnet, in denen nur oder überwiegend gesprochen wird. Das ist aber nicht korrekt.

Unter “Gesprächspsychotherapie” nach Carl Rogers (GT), die auch als “Klient-zentrierte” oder “Nicht-direktive Psychotherapie” bezeichnet wird, und deren international übliche Bezeichnung “Personzentrierte Psychotherapie” lautet, ist eine Therapieform der humanistischen Psychotherapie. Sie geht auf den amerikanischen Psychologieprofessor Carl Rogers (1902-1987) zurück.  In Deutschland wurde sie in den 1960 er Jahren v.a. durch die Hamburger Psychologieprofessoren Reinhard und Anne-Marie Tausch bekannt gemacht.

Grundprinzipien der GT sind in den 1900 siebziger Jahren eingeflossen in die Encounterruppen-Bewegung, sie werden heute in Beratung und Seelsorge, Supervision, Erziehungs-und Familienberatung sowie im Coaching & Management angewandt.

Rogers ging davon aus, dass jeder Mensch ein Selbstverwirklichungstreben (“Aktualisierungstendenz”) in sich trage, die ihn nach Weiterentwicklung seiner Persönlichkeit und besonders seiner Beziehungsfähigkeiten streben lassen. Daher sei die Aufgabe der Psychotherapie, ein günstiges Klima für diese Wachstumsprozesse zu schaffen.

In der GT wendet der Psychotherapeut dem Patienten seine ungeteilte, nicht wertende und nicht manipulierende Aufmerksamkeit zu, bei gleichzeitiger professioneller Abgegrenztheit. Wenn der Therapeut den Patienten auch in seinem Leiden und seiner inneren Zerrissenheit aushält und annimmt, befähigt das den Patienten allmählich, sich selbst auszuhalten und mehr und mehr wohlwollend anzunehmen. Dabei ist es besonders wichtig, dass der Therapeut dem Patienten das authentische Gefühl vermittelt, dass dieser ihm als Person wichtig ist, ohne dass der Therapeut vom Leiden oder der Bedüftigkeit des Klienten infiziert oder destabilisiert wird (“Mitfühlen ohne mit zu leiden”).

In der Tradition der Philosophen Martin Buber und Immanuel Levinas wird die persönliche Präsenz des Therapeuten in der Therapie sowie die personale Begegnung zwischen Therapeut und Klient im Rahmen der professionellen Grenzen ins Zentrum der psychotherapeutischen Arbeit gerückt.

Nach Rogers entsteht psychisches Leid durch eine Diskrepanz (“Inkongruenz“) zwischen dem, was ein Mensch emotional erlebt und den Vorstellungen, die er über sich selbst hat (Selbskonzept), die innere Spannungen und Konflikte hervorbringt. Ziel der Therapie ist es, Selbsterleben und Selbstkonzept tendenziell in Übereinstimmung zu bringen.

Nach Rogers kann eine psychotherapeutisch fruchtbarer Veränderung des Selbstkonzepts dann eintreten, wenn der Therapeut

Der Therapeut solle Ratschläge und Bewertungen vermeiden und das emotionale Erleben des Patienten diesem rückmelden (Spiegeln). Auf diese Weise wird der Patient ermutigt, sich sich selbst zunehmend wertschätzend, empathisch und kongruent zuzuwenden, dadurch Inkongruenz zu reduzieren und als Person zu wachsen.

Die Personzentrierte Psychotherapie wurde bereits 1999 vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) als wissenschaftlich anerkannt, aber dennoch vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) bis heute nicht zur Abrechnung mit den Krankenkassen zugelassen.

Wenn sie mehr darüber wissen wollen, können Sie mein Buch “Humanistische Psychotherapie” oder die Bücher von Carl Rogers lesen.